*1954 in Oldenburg, Deutschland

Ausbildung

1973–1981, Kunstakademie Düsseldorf, Klasse / class of Fritz Schwelger, Gerhard Richter

Auszeichnungen (Auswahl)

2007, Hotel for the Birds für den vierten Pfeiler des Trafalgar Square in London ausgewählt

2005, 51. Internationale Kunstausstellung: La Biennale di Venezia, Goldener Löwe (bester Einzelkünstler der Ausstellung)

1998, Kurt-Schwitters-Preis der Niedersächsischen Sparkassenstiftung

 

Seit Mitte der 1970er Jahre hat Thomas Schütte ein umfangreiches Werk geschaffen, das nahezu alle klassischen Gattungen der bildenden Kunst wie Skulptur, Malerei und Zeichnung umfasst. An der Kunstakademie in Düsseldorf hat er unter anderem bei Gerhard Richter studiert. Seine Arbeiten zeigen sich auch durch die regelmäßigen Besuche bei Karl Kneidl beeinflusst, der in unmittelbarer Nähe der Richter-Klasse Bühnenbild unterrichtete. Seit den frühen 1980er Jahren entwirft der Künstler Architekturmodelle – auch für teilweise recht unübliche Bauaufgaben. Viele dieser Entwürfe, die Schütte grundsätzlich nicht für bestimmte Orte oder Kontexte gestaltet, wurden tatsächlich realisiert.

Auch Spartà Hut entstand zunächst als Modell. Die Umsetzung des Entwurfs wird nun erstmals im Metzlerpark gezeigt. Schüttes Arbeit adressiert auf humorvolle und dennoch tiefgründige Weise Visionen zukünftigen Lebens. Der Referenzrahmen seiner Architektur wird bereits durch ihre Form beschrieben: Zu sehen ist eine Holzhütte. Front und Rückwand, jeweils ein Hexagon, bestimmen die Grundform des lang gestreckten Baukörpers. Bauschmuck gibt es keinen. Die Einrichtung ist bis aufs Äußerste reduziert: eine Tür, vier lukenartige Fenster und ein Podest, das als Schlaf- oder Sitzbereich dienen kann. Das klare, geometrische Design lässt sich als Echo auf die Formensprache Aldo Rossis verstehen. Das Schaffen des italienischen Architekten hat Schüttes künstlerischen Zugang zu Architektur stark beeinflusst, denn Rossi wandte sich Ende der 1950er Jahre gegen das Grundprinzip moderner Architektur (Form follows function) und erhebt stattdessen die Form erneut zur Prämisse. Darüber hinaus klingen in Schüttes Arbeit vor allem zeitgenössische Entwürfe für ein nachhaltiges Leben an. Die Holzhütte wird zum Symbol der romantischen Vorstellungen eines einfachen, „spartanischen“ Lebens im Einklang mit der Natur.

Der Titel der Arbeit verweist zunächst auf den Galeristen Pietro Spartà, der die Realisierung des Models koordiniert hat. Spartà Hut lässt darüber hinaus weitere Lesarten zu und bricht gewissermaßen mit der Harmonie, die durch die Form suggeriert wird, indem sie den Ursprung der idealisierten spartanischen Lebensweise benennt: das antike und kriegerische Volk der Spartaner, dem die Anhäufung von privatem Eigentum untersagt war und das Jungen ab dem Kindesalter zu eisernen Kriegern erzog.

Spartà Hut scheint schließlich nicht zufällig an den Rumpf des Trojanischen Pferdes und damit eine als Skulptur getarnte antike Falle zu erinnern: Führt das Streben nach einem derart reduzierten Leben im Grünen also vielleicht in eine Sackgasse? Tatsächlich wirkt der moderne Mensch – im Unterschied zu den abtrainierten Krieger:innen Spartas – kaum in der Lage, unter solch einfachen Bedingungen zu überleben. Ferner wird auch die Zersiedelung der Natur, und sei es mit nachhaltigen Materialien, das Platzproblem dieses Planeten nicht lösen. Schüttes Entwurf bleibt also die Materialisierung eines schönen Traumes.

Lydia Korndörfer

 

Ermöglicht mit freundlicher Unterstützung von:

Galerie Pietro Spartà, Hans-Georg Kolloge