*1978 in Lille, Frankreich

Ausbildung
2007–2010, Goldsmiths, University of London, Master of Fine Arts
1999–2002, Central Saint Martins, University of the Arts London, Bachelor of Fine Arts

Auszeichnungen (Auswahl)
2016, The International Critics’ Prize (FIPRESCI Prize), Internationale Kurzfilmtage Oberhausen / Oberhausen Short Film Festival
2013, Turner Prize

 

Die Künstlerin Laure Prouvost entführt mit raumgreifenden Installationen in andere Welten. Ihre multimedialen Environments lassen dabei Fragmente einer uns bekannten Wirklichkeit erkennen, die im Prouvost’schen Universum neu kontextualisiert und traumhaft verzerrt werden.

In Boob Hills Burrows fügen sich verschiedene Motive aus dem Kosmos der Künstlerin zusammen: Immer wieder finden sich in ihren Arbeiten Verweise auf den weiblichen Körper, Mutter Erde, den Kreislauf des Lebens, den traditionellen, britischen „High Tea“ und ihre (fiktiven) Großeltern. Die Künstlerin verfolgt dabei eine fortlaufende, Realität und Fiktion verknüpfende Erzählung. So scheinen beispielsweise ihre Arbeiten Burrow Me (2015) und Wantee (2013) – für Letztere wurde Prouvost 2013 mit dem renommierten Turner Prize ausgezeichnet – die Narrative von Boob Hills Burrows vorzubereiten.

Mit Wantee lässt Prouvost die Betrachter:innen an der Suche nach ihrem Großvater teilhaben, der laut der Künstlerin selbst Konzeptkünstler und ein enger Freund von Kurt Schwitters gewesen ist. Eines Tages verschwindet der Großvater schließlich spurlos, vermutlich in seiner letzten konzeptuellen Arbeit – einem Tunnel, den er von Großbritannien bis nach Afrika graben wollte. Die Großmutter eignet sich indes – mit wenig Ehrfurcht vor dem Werk ihres verschollenen Gatten – dessen Kunstwerke an, verbessert sie oder nutzt sie im Haushalt. Der Großteil des Videos spielt sich im Haus der Großeltern ab, das recht primitiv wirkt und mit Kunstwerken und Dreck aus dem Tunnel des Großvaters überladen ist. 

Auch in Boob Hills Burrows führt die Künstlerin die Betrachter:innen in einen Erdraum. Wieder wird hier der Kreislauf von Werden und Vergehen thematisiert, der sich in Wantee mit dem Verschwinden des Großvaters in der Erde schließt. Prouvost leitet die Menschen also – beruft man sich auf den biblischen Schöpfungsmythos, demzufolge Gott Adam aus Lehm formte – zu ihrem Ursprung zurück. Überdeutlich und spielerisch referiert die Künstlerin auch auf die Schöpfungskraft der Natur in Form des weiblichen Körpers: Zwei Erdhügel erscheinen als riesige Brüste. Während eine Brust als Springbrunnen und somit als nährende Lebensquelle angelegt ist, ist die andere begeh- und bewohnbar: Durch einen schmalen Gang gelangt man in einen höhlenartigen mit Lehm ausgekleideten Raum – eine Analogie für den Muttermund und die Gebärmutterhöhle. Im Inneren laden ein Bett, ein Fernseher – der Wetterberichte aus den letzten sechzig Jahren überträgt – und eine Tee-Ecke dazu ein, sich vor der Außenwelt zu verkriechen. So wie Säuglinge im Mutterleib – gefiltert durch die Haut der Mutter – besonders warmes Licht empfangen, wird auch Prouvosts Höhle durch rötliches Oberlicht erhellt, wenn die Sonnenstrahlen durch die kostbaren Brustwarzen aus venezianischem Muranoglas fallen. 

Auch in Frankfurt sind die Betrachter:innen schließlich eingeladen, sich in Prouvosts surrealistischen Traumbildwelten – die in diesem Falle insbesondere an die Film-Sets eines Federico Fellini oder Woody Allen erinnern – zu bewegen und in die „individuelle Mythologie“ (Harald Szeemann) der Künstlerin einzutauchen.

Lydia Korndörfer

 

Ermöglicht mit freundlicher Unterstützung von:

Friedhelm Dorndorf, Artesia Springbrunnen, Claytec GmbH & Co.KG, Institut Français, Koeber Landschaftsarchitektur GmbH, Teri Romkey, Oliver Heinzenberger und Team, Wolfram Schüler Zimmerei, Bettina Kudicke Innenarchitektin, Hubertus von der Wense Garten und Landschaftsbau, Lisson Gallery